Aus einem Actum vom 20.09.1716 ist zu entnehmen, dass für die "Kirchensinger" und für den Fahnen- und Bildträger (= die Concorespondenten) bei den Umgängen an den hohen Festtagen und zu Allerheiligen 16 Gulden ausgegeben werden. Ferner heißt es in diesem Actum, dass der Mesner und Schulmeister als "Chorsänger" 11 Gulden erhielt.
100 Jahre später, also zur Zeit als Pfarrer Simon Alois Maaß in Fließ wirkte, lesen wir folgendes: "Erwähnenswert ist die Vorliebe des Pfarrers für den kirchlichen Choralgesang. Er selbst war ein tüchtiger Sänger und Choralist. An Vorabenden vor höheren Festtagen stand er am kleinen Pulte und übte laut die Melodien der Vesper- Antiphonen und die entsprechenden Psalmtöne ein. Er war auch ein großer Freund des Volksgesanges in der Kirche und zog hiezu namentlich die Kinder herbei. So wird berichtet, dass er an Sonn- und Festtagen vor der Predigt, wenn diese von einem anderen Priester gehalten wurde, häufig eigens vom Beichtstuhle aufstand, sich in den Mittelgang der Kirche aufstellte und mit den Kindern das Heilig-Geist-Lied sang. Auch vor der Christenlehre wurde vom Volk gesungen und Maaß sang von der Kanzel aus mit. Je kräftiger und feierlicher das Volk sang, desto größere Freude legte der Selige an den Tag.
An Notenmaterialien aus dieser Zeit ist nichts mehr erhalten, die uns Auskunft über den Kirchenchor geben könnten.
Die ältesten erhalten gebliebenen Noten stammen aus der Zeit von 1882 bis 1888, in der Franz Konrad als Pfarrer in Fließ tätig war; z.B.: Liedersammlung für gemischten Chor und Männerquartett von Carl Santner. Dieser Pfarrer war ein großer Gesangs- und Musikerfreund, verbesserte den Kirchenchor und gründete den MÄNNERGESANGSVEREIN. (Chronik über die Seelsorger in Fließ / Josef Riezler)
Sein Nachfolger Carl Dietl hat für den kirchlichen Gesang und den Kirchenchor ebenfalls sehr viel getan. Aus seiner Zeit sind auch sehr viele Notenmaterialien erhalten; zB.: "Die Lamentationen der hl. Charwoche", die mit seiner Signatur und der Jahreszahl 1873 versehen sind. Auf der letzten Seite des Lamentationsalbums für die Bassstimme ist eine genaue Vorschrift (Handschrift) über den Vortrag dieser Choräle vermerkt; diese Lamentationsgesänge erfuhren im Jahre 1879 in der Pfarrkirche Prutz ihre Erstaufführung mit vier Männerstimmen. Weitere Aufführungen und entsprechende Besetzungen (Ausführende werden namentlich angeführt) sind im Sopranalbum vermerkt.
Auf Grund dieser genauen Angaben und auf Grund des Umstandes, dass kein Komponist angegeben wird, könnte es auch möglich sein, dass Carl Dietl selbst der Schöpfer (?) dieser Lamentationen ist.
Von Jahre 1890 stammen die ebenso sauber geschriebenen Vesper- Psalmen, denen ein Verzeichnis für die Chorsänger beigelegt wurde.
Vom Organist Johann Platzer stammen wahrscheinlich die
"Missa in honorem S. Thomae Aquintis" für vier Singstimmen und Orgel von Ignaz Mitterer und die
"Missa in honorem S. Luciae" für vier Singstimmen, gem. Chor und Orgel von Franz Witt.
Seine Handschrift (er hat in beiden Fällen eine leicht abgeänderte Orgelstimme geschrieben, meist von leichterem Schwierigkeitsgrade) sind mit seiner Signatur und den Daten 29.7.1896 und 15.7.1898 versehen.
In den Vorkriegsjahren wurde der Männerchor von Franz Baumann einige Jahre geleitet. Währen des ersten Weltkrieges wurde der Kirchenchor und der Männerchor aufgelassen. Nun mussten die Schüler und Schülerinnen mit ihrer Lehrerin und Organistin Jakobine Gfall den Gottesdienst würdig umrahmen und gestalten.
Pfarrer Rudig gründete in Fließ die Kongregation der Kinder, Burschen und Jungfrauen in den Jahren 1912 bis 1914, die hauptsächlich während des Krieges bei den Prozessionen herzlich eingeladen wurden und auch einen Beitrag zur Verschönerung des Festes leisteten.
Nach dem 1. Weltkrieg, im Jahre 1919 veranstaltete der Kirchenchor für die Bevölkerung das erste Konzert. Zu dieser Zeit hatte der Kirchenchor ca 18 Mitglieder. Nach den Prozessionen war es immer Brauch, dass entweder die Musikkapelle oder der Kirchenchor zur "Platzmusi" aufspielte.
Den Männerchor übernahm Kooperator Josef Bader nach dem Kriege und leitete diesen bis 1922. Damals hatte der Gesangsverein 20 Mitglieder.
Als dann 1926 am 1. Feb. Kooperator Franz Berger nach Fließ kam, wurde der Männer-Gesangsverein endgültig aufgelassen.
1932 war in Fließ ein zweifacher Wechsel. Statt Pfarrer Rudig kam Pfarrer Johann Kössler und statt Lehrer Eduard Vitur kam Lehrer Franz Salzmann nach Fließ.
Der Organist Franz Salzmann hat sich sehr für den Kirchenchor eingesetzt. Er legte erstmalig für den Chor ein Kassabuch an, in dem alle gekauften Musikalien eingetragen wurden. In den vier Jahren, als Salzmann in Fließ war, hat er 50 verschiedene Chorstücke angeschafft. Teils hatte er auch alte Messen (z.B. von Ignaz Mitterer, Josef Georg Zangl und Franz Witt) neu nachgekauft, weil sie so abgegriffen waren. Dieses Kassabuch wurde aber nach Franz Salzmann nicht mehr weitergeführt.
Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm Franz Wille die Leitung des Chores bis zum Pfarrwechsel 1965.
Der neue Pfarrer Hubert Rietzler führte die deutschen Messen ein. Zuerst durfte nur einmal im Monat ein "Lateinisches Amt" gesungen werden. Später wünschte Pfarrer Rietzler, dass ausschließlich deutsche Messen gesungen werden. Daraufhin übergab der langjährige Basssänger und Chorleiter Franz Wille im Jahre 1967 die Chorleitung an Lehrer File Ludwig.
Franz Wille berichtete, welch großes Opfer die Chorsänger oft aufbringen mussten. Die Arbeiter gingen zu Fuß von ihrer Arbeitsstelle im Kaunertal oder Stanzertal zur Chorprobe und mussten dann in der Früh den weiten Weg zur Arbeitsstelle wieder zurücklegen. Es war früher auch selbstverständlich, dass der Kirchenchor an jedem Sonn- und Feiertag das hl. Amt umrahmte und die Vespern an den Nachmittagen der Feiertage sangen.
Der neue Chorleiter File Ludwig vergrößerte den Chor anfangs der 70iger Jahre, indem er selbst junge Sänger ausbildete. Doch Uneinigkeiten zwischen Pfarrer, Chorleiter und Organist führten schließlich zu einer vorübergehenden Auflösung des Kirchenchores.
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